Berlin-Exkursion des Master-Seminars: ’The Rise of China and Its Challenges for the World’
Chinas wirtschaftlicher und politischer Aufstieg hat dazu geführt, dass bei politischen Fragen mit globaler Dimension kaum ein Weg mehr an der Volksrepublik vorbei führt. Wie beurteilen Politiker, Diplomaten und Think-Tank-Experten den Aufstieg Chinas und damit verbundene Herausforderungen? Um das herauszufinden, nahm vom 31. Mai bis 2. Juni 2017 eine Gruppe von Studentinnen und Studenten der Universität Bonn unter der Leitung von Professor Dr. Xuewu Gu und Hendrik W. Ohnesorge an einer Exkursionsfahrt nach Berlin teil.
Die erste Möglichkeit, Fragen zu vertiefen, die im Rahmen des zuvor an der Universität Bonn durchgeführten Blockseminars aufgekommen waren, bot sich beim Mercator Institute for China Studies (MERICS), einem Think-Tank für gegenwartsbezogene und praxisorientierte China-Forschung. Welche Rolle wird China in der internationalen Klimapolitik einnehmen? Welche außenpolitischen Herausforderungen ergeben sich durch den „Rise of China“? Wie wird die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) ihre Legitimität sichern können? Diese und viele weitere Fragen diskutierten die Studentinnen und Studenten mit der Leiterin des Forschungsbereichs Politik, Gesellschaft und Medien Frau Dr. Kristin Shi-Kupfer, mit Herrn Mikko Huotari, Leiter des Programms Internationale Beziehungen, sowie dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Herrn Nabil Alsabah, der insbesondere auch die aktuelle Debatte bezüglich des 19. Parteitags der KPCh darstellte.
Diplomatie braucht Vertrauen und Transparenz
Am zweiten Tag stand mit einem Besuch der japanischen Botschaft und einem Gesprächstermin mit dem ehemaligen Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Volksrepublik China, Dr. Michael Schaefer, die Perspektive der Diplomatie auf den Aufstieg Chinas im Mittelpunkt.
Botschaftsrat Seiichiro Taguchi betonte, dass eine gute Beziehung mit China das Ziel japanischer Politik und Diplomatie sei. Als Basis der japanischen Diplomatie sieht er aber weiterhin die Beziehung zu den Vereinigten Staaten. Das Gespräch drehte sich um die wirtschaftliche sowie die militärische Dimension des Aufstiegs Chinas. Diskutiert wurden unter anderem Chinas Neuauflage der Seidenstraße sowie territoriale Spannungen zwischen China und seinen Nachbarländern. Der Botschaftstrat machte deutlich, dass nicht Chinas wachsende militärische Kapazität an sich, wohl aber Intransparenz in Bezug auf deren Ausbau sowie chinesische Absichten von Japan kritisch gesehen werden. Auch betonte Herr Taguchi die enorme Bedeutung eines vertieften kulturellen Austauschs zwischen den Bevölkerungen Chinas und Japans.
Am Nachmittag des zweiten Exkursionstages gab Botschafter a.D. Dr. Michael Schaefer, Vorsitzender der der BMW Stiftung Herbert Quandt, Einblick in seine Arbeit als Botschafter und die Zusammenarbeit Chinas und Deutschlands in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Kultur. Dr. Schaefer, deutscher Botschafter in der Volksrepublik China von 2007 bis 2013, berichtete von seiner Zeit in Peking und skizzierte die Entwicklungen in den deutsch-chinesischen Beziehungen dieser Jahre. Im zweiten Teil des Gesprächs diskutierte Dr. Schaefer mit den Studentinnen und Studenten Chinas Rolle in einer zunehmend multipolaren Weltordnung sowie innenpolitische Herausforderungen der Volksrepublik, wie etwa die Heterogenität der chinesischen Gesellschaft und Fragen sozialer Gerechtigkeit.
Zeitenwende in der internationalen Politik?
Am Abend stand ein Besuch der Polit-Sendung „maybrit illner“ mit dem Thema „Trump verändert die Welt – Stresstest für Europa“ auf dem Programm. Zu Gast waren die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kiping, Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Nicole Deitelhoff, Leiterin des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung, der stellvertretende Chefredakteur des ZDF, Elmar Theveßen, sowie Ralph Freund von den Republicans Overseas. Zu Beginn der Diskussionsrunde wurde der Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen thematisiert, bevor insbesondere die (zukünftige) Rolle der NATO diskutiert wurde. Im Mittelpunkt standen dabei die Aufforderung Trumps zur Erhöhung des Verteidigungsetats der Allianz sowie Fragen einer engeren Zusammenarbeit auf europäischer Ebene.
Am Folgetag traf sich die Seminargruppe mit dem Kölner Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Mützenich, stellvertretender Vorsitzenden der SPD-Fraktion für die Bereiche Außenpolitik, Verteidigung und Menschenrechte. Dr. Mützenich beleuchtete die deutsch-chinesischen Beziehungen aus Sicht des Parlamentariers. Es entwickelte sich eine interessante Diskussion etwa zur Politik der Volksrepublik in Fragen des Umweltschutzes angesichts des tags zuvor angekündigten Ausstiegs der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimaabkommen, zur Seidenstraße-Initiative und damit verbundenen Sicherheitsfragen sowie zu den Unterschieden zwischen der Chinapolitik der SPD und der Union.
Insgesamt konnten durch die dreitägige Exkursion die im Rahmen des Seminars erarbeiteten Grundlagen zum Aufstieg Chinas um viele interessante Perspektiven aus Forschung und Praxis ergänzt werden.