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Global Trends – Vortrag von Prof. Dr. Ulrich Lehner in der La Redoute Bonn am 2. November 2010

„Wie konkurrenzfähig ist die deutsche Industrie in der globalisierten Welt?“, lautete die leitende Fragestellung für den Vortrag von Herrn Prof. Dr. Ulrich Lehner, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Telekom AG und langjähriger Geschäftsführer der Henkel AG, im Rahmen der Vortragsreihe „Global Trends“, erstmalig gemeinsam organisiert von dem Internationalen Club La Redoute, Bonn e. V. und dem Center for Global Studies der Universität Bonn. Und Prof. Lehner hat nicht lange gezögert die Frage mit einem klaren „Ja, die deutsche Industrie ist international konkurrenzfähig“ zu beantworten. Dennoch befinde sich Deutschland in dem internationalen Wettstreit der globalisierten Welt zwischen Nationen, Volkswirtschaften, Standorten und Kulturen.

Den aktuellen Aufschwung der deutschen Wirtschaft sieht Prof. Lehner in der guten Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren aus Politik und Wirtschaft und der Stärke der deutschen Industrie, gerade im europäischen Vergleich, begründet. Prof. Dr. Xuewu Gu, Fr. Dr. Jinfang Mao, Prof. Dr. Ulrich Lehner und Dr. Klaus Kinkel.Die Stärke der Industrie beruht nach Prof. Lehner auf mehreren Säulen: so ist sie nicht nur der größte Arbeitgeber in Deutschland, sondern zahlt auch überdurchschnittlich hohe Löhne. Desweiteren zeichnet sie sich durch hohen Produktivitätszuwachs und der Fähigkeit Wissen und Innovation in wirtschaftliche Prozesse umzusetzen aus. 88% der deutschen Industrieunternehmen befinden sich in Familienbesitz, dabei handelt es sich meistens um kleine und mittelständische Unternehmen, die in ihren Bereichen Weltmarktführer sind (sogenannte Hidden Champions).

Gleichzeitig hat Prof. Lehner in seinem Vortrag fünf wesentliche „Megatrends“ identifiziert, die in den kommenden Jahren nicht nur für die deutsche Industrie sondern für die gesamte Weltbevölkerung wichtig sein werden: Klimaschutz, Ressourcenverteilung, Gesundheit, Bevölkerungswachstum und der digitale Alltag.

Aus Erfahrung als Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie ist ihm die besondere Verantwortung der Chemieindustrie im Bereich Klimaschutz und Senkung des CO2- Ausstoßes bewusst und auch die historische Verantwortung der Industrienationen im Vergleich zu den Entwicklungs- und Schwellenländern erkennt er an. Doch Klimaschutz- und CO2-Standarts müssen, so Prof. Lehner, mit Augenmaß international geregelt und für die gesamte Güterkette gültig sein.

Prof. Dr. Xuewu Gu, Fr. Dr. Jinfang Mao, Prof. Dr. Ulrich Lehner und Dr. Klaus Kinkel.Mit Blick auf die Unterscheidung zwischen statistischer und struktureller Größe sieht Prof. Lehner den Aufstieg von Nationen wie Indien und China, das Deutschland als Exportweltmeister abgelöst hat, weit weniger dramatisch als in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Wirtschaftliche Gewinne müssen dort auf weit mehr Köpfe verteilt werden und Titel wie „Exportweltmeister“ dürfen nicht zum Ausruhen verleiten. Dennoch stellt dieser Aufstieg, gerade von China, eine neue Herausforderung nicht nur für Wirtschaft und Politik, sondern auch durch unterschiedliche kulturelle Verständnisse dar, die sich z. B. in der Debatte um Menschenrechte besonders stark kristallisiert.

Obwohl viele deutsche Industrieunternehmen verstärkt im Ausland produzieren und die ausländischen Märkte in ihrem Anteil am Umsatz und Gewinn an Bedeutung gewinnen, sind diese Unternehmen nur auf Grund ihrer starken Basis in Deutschland wachstumsfähig, so die Einschätzung von Prof. Lehner. Die deutsche Industrie braucht aber, gerade in Bezug auf Investitionssicherheit die Unterstützung durch die Regierung, aber auch die Akzeptanz durch die Bevölkerung, die Diskussion um Stuttgart21 sei dabei ein Negativbeispiel.

Für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands als Wirtschaftsstandort muss die Wissenschaftsgesellschaft durch die Förderung von Forschung und Entwicklung (F&E), z. B. durch steuerliche Anreize und Erhöhung der Anzahl von MINT –Absolventen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und technische Fächer) gestärkt werden. Gleichzeitig müssen richtigen Bedingungen für einen gesunden Wettbewerb unter Unternehmen geschaffen werden.
Prof. Dr. Xuewu Gu, Fr. Dr. Jinfang Mao, Prof. Dr. Ulrich Lehner und Dr. Klaus Kinkel.Der Staat selber ist, frei nach Wirtschaftsminister Brüderle, ein schlechter Unternehmer. Wichtige Fragen in den Bereichen Biotechnologie, Klimaschutz und Ressourcennutzen sollen klar wissenschaftsorientiert untersucht und in internationale Regularien festgeschrieben werden. Das neue Energiekonzept der schwarz-gelben Bundesregierung hält Prof. Lehner für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung.

Ein Dank gilt Prof. Lehner für diesen informativen Vortrag, der wichtige aktuelle Entwicklungen der deutschen Industrie und der Weltwirtschaft pointiert und analytisch in Zusammenhang gesetzt hat. Dazu möchten wir uns bei dem Internationalen Club La Redoute Bonn für die gute und kooperative Zusammenarbeit bedanken.

Letzte Aktualisierung: 25. August 2018