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„Sie müssen sich einmischen!“

  • 29. Januar 2016
„Sie müssen sich einmischen!“

Start der CGS-Vortragsreihe „Global Trends“ 2016 – Peer Steinbrück spricht im Uniclub zum Thema: „Deutschland und Europa im Kontext globaler Machtverschiebungen“

Man hatte ihm nicht zu viel versprochen: Der weiße Saal des Bonner Universitätsclubs war fast voll als Peer Steinbrück, Vorsitzender der Parlamentariergruppe USA und ehemaliger Kanzlerkandidat am Freitag, 22. Januar 2016, an das Podium trat. Vor allem Studenten waren gekommen, um dem SPD-Politiker zuzuhören. Thema: „Deutschland und Europa im Kontext globaler Machtverschiebungen“, vielleicht relevant wie nie in diesen Tagen. Der Hamburger begann. Deutschland ginge es nicht so schlecht wie man oft denke, sagte Steinbrück und spulte Zahlen und Statistiken ab. „Deutschland ist glänzend aufgestellt“, was nicht zuletzt an „einer Politik, die nicht immer alles so verkehrt gemacht hat, wie Sie glauben“ liege. Die Industrie, ein starker Mittelstand, sozialer Frieden, Vollbeschäftigung. Alles Gründe, es sich gemütlich zu machen und den Wohlstand als normal zu betrachten, so der 69-Jährige.

Doch Steinbrück tat sich damit nicht zufrieden: „Deutschland steht vor enormen Herausforderungen, die unterschätzt oder nicht wahrgenommen werden.“ Der demographische Wandel, das Hinterherhinken von Deutschland und Europa in wichtigen Bereichen wie der Digitalwirtschaft und die Krisen der Welt. „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen. Hochmut ist nicht angebracht angesichts einer sich rasant verändernden Welt.“ So könne man es sich zum Beispiel nicht leisten, auf wichtige Investitionen zu verzichten.

Steinbrück erzählte Anekdoten, witzelte in seinem gewohnt trockenen Humor und referierte in seinem abgeklärt-nordischen Duktus, alles frei vorgetragen – langweilig wurde es nie. Das lag vor allem auch daran, dass er an seine Zuhörer direkt und eindrücklich appellierte: Deutschland stehe zunehmend isoliert da. Das europäische Projekt sei so gefährdet wie seit den Römischen Verträgen nicht mehr und verliere an Bedeutung. Gleichzeitig das Erstarken von China und Brasilien – „Verschiebungen auf globaler Ebene zu Lasten Europas.“ Dabei sei doch jenes Europa, mit seinen Freiheiten, seinen wirtschaftlichen Leistungen, „das Beste, was es auf der Welt gibt.“ Ob so etwas selbstverständlich sei, fragte Steinbrück rhetorisch wie ungläubig seine vor allem jungen Zuhörer. Nein, mahnte er da, mit Verve und druckvoller Stimme. „Dafür muss man kämpfen. Sie müssen sich für Europa einsetzen, das können Sie nicht alten Knackern überlassen. Sie müssen sich einmischen!“